Um es einmal kurz und verkürzt zu sagen: So rasant der Fortschritt in den Jahren ab 1890 auch verlief, so sehr ging er am Hauspersonal vorbei, das zu bald 100 % weiblich war. Für Dienstmädchen lief die Zeit nicht voran.
Die Erwartungen, die an die meist jungen Frauen gestellt wurden hinsichtlich Fleiß, Tugend und Verfügbarkeit, unterschieden sich kaum von denjenigen, die man an eine Sklavin gestellt hätte. Ging es um Arbeitsschutz und soziale Verbesserungen, so waren Dienstmädchen sogar explizit ausgeschlossen; eine Fabrikarbeiterin – die man allgemein als deutlich unter einer Hausangestellten stehend betrachtete – hatte deutlich mehr Rechte als die Frau, die sich in einer bürgerlichen Familie um Kinder, Haushalt und Küche kümmerte und somit in einer Vertrauensstellung tätig war.
Nicht einmal kündigen konnte sie, wenn es ihr zu viel wurde – sie musste den so genannten Wechseltag abwarten, der regional unterschiedlich ein- bis zweimal pro Jahr die Möglichkeit bot, eine neue Stelle zu suchen. Ging ein Dienstmädchen dennoch noch vor diesem Tag fort, so konnte die Herrschaft sie von der Polizei zurückbringen lassen.
Weil das in der Regel nicht unbedingt zu einem besseren Miteinander führte, waren die meisten Arbeitgeber so gnädig, sich das vorzeitge Verlassenwerden von der Angestellten auszahlen zu lassen. Was diese kaum konnte, da ihr Gehalt solche Ausgaben nicht verkraftete.
Ob ihre geistige und körperliche Gesundheit darunter litt, wenn sie für eine unangenehme Herrschaft weiterhin buckeln musste, interessierte kaum jemanden. Dienstmädchen waren Arbeitsgeräte, von denen die Herrschaft sehr selbstverständlich sogar etwas wie Liebe und Aufopferungsbereitschaft erwartete, das aber nicht auch mit gleicher Münze zurückzahlte.
Dienstmädchen wurden als Mensch nur selten wahrgenommen. Sie waren eine Selbstverständlichkeit.